Dänemark 2010
Einleitung · Juli: 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 · Fazit
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Tel.: +49 173 2028402 · E-Mail: heizfrosch@web.de · Fotos & Texte © Jörg Hausmann & Frau R. 2010
Legende
Schwarzer Text: vom heizfrosch
Orangefarbener Text: von Frau R.
Einleitung
Dieses Jahr sollte es in einen Teil Dänemarks gehen, den wir noch nicht kannten – mit Nordwestjütland hatte wir bisher noch nicht viel zu tun. Das liegt einerseits an der etwas längeren Anfahrt (die dänischen Autobahnen decken Seeland und Ostjütland ganz gut ab, in Westjütland regiert die Landstraße) und andererseits an der Tatsache, dass sich die "touristischen Attraktionen" dort oben nicht so häufen; dass es jede Menge Bunker aus deutscher Hinterlassenschaft gibt, war uns bekannt, viel mehr allerdings nicht.
Da der diesjährige Urlaub aber ganz im Zeichen der Entspannung stehen sollte, klang Westjütland plötzlich ganz verlockend – nix zog uns mit Gewalt aus dem Haus, aber es war auch genug zu sehen, um keine Langeweile aufkommen zu lassen. Unser Häuschen war mit 85 m2 Wohnfläche ausreichend groß dimensioniert, um keine Platzangstattacken auszulösen; die Couch sah im Internet ganz bequem aus, und obendrein war es diesmal ein Haus aus Stein – eine Premiere unter allen unseren bisherigen Ferienhäusern in Skandinavien.
Vejlby Klit selber ist einer der typischen dänischen Ferienhausklumpen an der Küste – Sommerhäuser, soweit das Auge reicht. Das Gebiet war gleichverteilt in deutscher und dänischer Hand, einige Norweger sowie ein Schweizer waren zu sehen, und es sollen wohl auch Italiener anwesend gewesen sein. Wir hätten es vorgezogen, etwas abgeschiedener zu urlauben, aber wenigstens stand unsere Hütte so ziemlich am Ende des Areals, jeweils ca. 200 m vom Ferring Sø und von der Nordseeküste entfernt.
Zuhause vergessene Dinge: heizfroschs Maulwurfn-T-Shirt, heizfroschs Die-Szene-altert-mit-T-Shirt (also nix mit Partnerlook), eine Gurke – alles verschmerzbar. Umsonst mitgenommen: eine Tüte Wasabinüsse!
Und, weil uns das sonst keiner glaubt, hier eine Aufstellung der Bücher, welche Frau R. im Urlaub so ganz neben den gemeinsamen Unternehmungen noch aus Spaß am Lesen niedergemacht hat:
- Terry Pratchett: Heiße Hüpfer (380 Seiten)
- Terry Pratchett: Ruhig Blut (380 Seiten)
- Ken Follett: Die Tore der Welt (1.300 Seiten)
- Volker Klüpfel & Michael Kobr: Milchgeld – Kluftingers erster Fall (310 Seiten)
- Ingrid Noll: Kuckuckskind (340 Seiten)
- Philip Ardagh: Geschichten aus Bad Dreckskaff – Herr Urxl und das Glitzerdings (110 Seiten)
- Christopher Moore: Fool (350 Seiten)
Ich habs gerade so auf
- die letzten zwei Drittel von Matt Ruffs "G.A.S."
- Pratchetts "Heiße Hüpfer" (komplett)
- Hugh Lauries "Bockmist" (komplett) und
- die ersten 350 Seiten von Folletts "Die Tore der Welt"
gebracht – an Mamas "Die Zwerge" war nicht zu denken …
Bissl was vom Häuschen und dem Drumrum
Tagebuch
Samstag, 17.07.2010: Anreise
Die Nacht vor der Abreise ist die Hölle: Dank eines sehr sommerigen Sommers, eines noch sommerigen Freitags und vor allem des zwar angekündigten, aber nicht stattfindenden Gewitters herrschen in unserer Wohnung nachts noch Temperaturen um die 32 Grad. Das lässt zwar Frau R. freudig schnurren und schnarchen (Habe noch nie geschnarcht und halte diese Unterstellung für puren Neid auf meine Fähigkeit, die Hitze zu genießen.), der heizfrosch bekommt allerdings kein Auge zu. Kurz nach Mitternacht verfällt eine Nachbarwohnung noch in den Partywahn, was zum Schließen der Fenster zwingt und die Bude endgültig zur Hölle macht.
So prima ausgeruht – nämlich mit 2-3 Stunden Schlaf –, finden wir am Samstagmorgen plangerecht gegen 4 Uhr mehr oder weniger ins Leben zurück. Flink ein Frühstück eingeworfen, den Kühlschrankinhalt reisefertig gemacht, das Auto beladen, und ab gehts um 6.14 Uhr in Richtung Autobahn. Bleibt noch zu erwähnen, dass es perfiderweise 5 Minuten vor Beginn des Beladens angefangen hatte zu regnen und wieder aufhörte, noch bevor wir schneller als 60 km/h fahren durften …
Bis hinter Berlin ist alles entspannt, im Rasthof Stolpe wird nach Schnittchen und Ei der Fahrerwechsel vollzogen. Und ich habe als Beifahrer nicht eine Minute die Augen zu gemacht! Dieser Urlaub beginnt äußerst merkwürdig … Frau R. tritt an zu ihrem Turn – und wird kurz vor Rendsburg auf eine harte Probe gestellt. 7 km Stopp & Go wollen ertragen werden und bringen uns die erste Stunde Verspätung ein. Um 13.12 Uhr passieren wir die deutsch-dänische Grenze. Die zweite Stunde Rückstand kassieren wir, wie letztes Jahr, im Stau vor Vejle; irgendwie kann ich diese Stadt jetzt nicht mehr leiden. Um Herning herum verlieren wir nochmal zwanzig Minuten, weil unser Navi nicht mit den Autobahnbautätigkeiten der letzten Jahre Schritt gehalten hat und die neue Straßenführung das gute System in den Protect treibt. Gebiet nicht kartografiert … Nach ein paar Kreiseln finden wir zurück auf den Weg und mitten in ein Unwetter, welches uns kurz vor und in Holstebro das Auto gründlichst wäscht.
Der Rest des Weges zieht sich etwas, aber zum Schluss finden wir problemlos die Schlüsselausgabe und unser Häuschen. Dieses ist – auf den ersten Blick – zwar nicht mehr ganz taufrisch (Ja ja, der Duschvorhang kann schimmeln; muss er natürlich aber nicht!), aber schnuckelig und ziemlich groß; der Applaus hält sich allerdings in Grenzen, denn knapp 12 Stunden Autofahrt stecken uns tief in den Knochen … Das Auto wird geleert, die Küche eingeräumt, das rituelle Nudelmahl zubereitet und verzehrt, und dann gehts ab an den Strand. Dieser wartet hinter einer hohen Düne und begrüßt uns stürmisch. Die Nordsee tobt und wellt sich, der Wind bläst steif, und so belassen wir es bei einem kurzen Spaziergang.
Zurück im Häuschen köpft der heizfrosch eine Flasche Flens, und wir lassen uns zu einer letzten Leserunde nieder. Dank Bier und mangels Schlaf ziehts uns beiden gegen 22 Uhr die Klüsen zu, und wir fallen in ein tiefes Koma, …
Sonntag, 18.07.2010: Lemvig & Strand
… aus dem wir erst gegen 10 Uhr am nächsten Morgen wieder erwachen. Guten Morgen, Sonne!
Die scheint, nur von einigen schnell vorüberziehenden Wolken gedrosselt, hell und freundlich auf unser Feriendomizil. Wir gehen den Tag ruhig an und lassen uns mit dem Frühstück Zeit bis gegen 13 Uhr. Tiefenentspannt wie wir diesmal sind, gibts keine Pläne für den Tag – wir beschließen eine kurze Tour nach Lemvig, um die Touriinfo zu besuchen. Die allerdings hat sonntags geschlossen, weshalb wir nur einen kurzen Spaziergang durch den Ort machen und dann wieder nach Hause rollen.
Hernach gibts Kaffee, Tee, Kekse und Bücher. Gegen 17 Uhr ziehts den heizfrosch nochmal an den Strand, wo er Frau R. und das Abendbrot vergisst und deshalb erst gegen 18.45 Uhr den Heimweg antritt.
Abendbrot, Kamerapflege und Tagebuchschreiben sind das letzte, was heute noch vor der abendlichen Leserunde zu erledigen bleibt. Der erste richtige Urlaubstag ist ein voller Erfolg.
Einige Worte zur Ferienhaussiedlung:
Wir haben uns ein Ferienhaus an der Westküste Mitteljütlands heraus gesucht. Das sind ca. 900 km von Dresden und auch sonst genügend Entfernung von der deutschen Grenze zu Schleswig Holstein. Trotzdem ist diese Ferienhaussiedlung zum guten Teil fest in deutscher Hand. Man sieht sogar Nummernschilder aus Bautzen und Cottbus. Egal wo man hinkommt: Mindestens 1 deutsches Auto ist schon da. Ich will nicht missverstanden werden: Weder hege ich Missgunst gegen meine Mitbürger noch möchte ich mich aufschwingen, ihnen bestimmte Reiseziele zu verbieten. Doch ist der Urlaub vom Alltag erst richtig schön, wenn man um sich herum kein Wort versteht. Zumindest nicht auf Anhieb. Aber nun ist es so, dass im Nachbarhaus deutsch geschnarcht wird. Der adoleszente Sohn auf's Enervierendste jeden Spielzug beim Federball kommentiert. Der prollige Übergewichtige aus Berlin mit einer Selbstverständlichkeit den Zugang zum Strand blockiert, um seine nicht weniger prolligen Söhne beim Drachensteigen zu fotografieren. Und direkt gegenüber zwängt sich Omma aus Kassel in einen Bikini, der ihren Schmerbauch unvorteilhaft zur Geltung bringt. Man könnte meinen, man sei auf Malle gelandet. Wäre da nicht das dänische Fernsehen und das Rauschen der Nordsee …
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Montag, 19.07.2010: Thyborøn
Bereits gestern ist uns morgens ein seltsames Rauschen im Häuschen aufgefallen; der allgemein komatöse Zustand lies aber nur die Deutung "Therme" zu, und irgendwann war das Rauschen auch wieder weg. Heute gegen 8.45 Uhr rauscht es erneut. Da der heizfrosch, im Gegensatz zu gestern, um diese Zeit schon beinahe vollwach ist, springt er kurzerhand aus dem Bett und geht auf die Suche. Ungeachtet der nur 10 m entfernten, frühstückenden Nachbarn gleitet sein katzengleicher (Asrael, das ging nicht gegen Dich!) nackter Körper (Ja, wer erinnert sich nicht gern an die spannende Doku von der scheuen, bauchbetonten Nacktdschungelkatze, die in Europa bereits als ausgestorben galt, sich aber beinahe unbebemerkt in deutschen Haushalten heimisch machen konnte.) durch die Bude und stellt als erstes fest: Die Therme isses ni! Das Geräusch kommt aus dem Wohnzimmer, und als Störquelle wird die Stereoanlage identifiziert. Fragt sich nur noch: Warum rauscht das Teil? Lösung: Die vorherige Hausbelegung hatte aus einem nicht bekannten Grund den Timer der Anlage auf 8.45 Uhr gestellt, aber keinen Radiosender ausgewählt. Der Timer wird deaktiviert, morgen sollte es dann also keine Rauschattacke geben …
Frau R. ist derweil auch wach geworden und lächelt aus der Bettdecke. Wir bereiten das Frühstück zu und beschließen, aufgrund des Gemischtwetters heute auch keinen Bock auf große Unternehmungen zu haben. Ein kurzer Tripp nach Thyborøn soll reichen, um die dortige Touriinfo zu überfallen. Das Nest liegt ca. 20 Autominuten weit entfernt, besticht durch eine eindrucksvoll hässliche Industrie- und Wohnarchitektur sowie durch eine Ansammlung deutscher Bunker am Strand. Zuerst fallen wir aber in die Touriinfo ein, werden dort von einer netten jungen Dame mit Infomaterial regelrecht überhäuft und rollen anschließend gen "Sneglehuset". Dieses ist ein über und über mit Muschel- und Schneckenschalen verziertes kleines Häuschen, welches – man hätte es kaum vermutet – auch noch die größte dänische Muschel-, Schnecken- und Buddelschiffsammlung sowie die größte deutsch-polnische Touri-Ansammlung auf 20 m3 beherbergt … Insgesamt ist alles sehr übersichtlich und in einer Viertelstunde zu bewältigen, weshalb doch noch genug Zeit für einen Strandgang bleibt. Diesen dehnen wir etwas aus, weil zwar der Wind heftig bläst, das Wetter aber besser als befürchtet und die Seeluft so angenehm ist. Vorbei an diversen Betonhaufen ziehen wir Spuren in den Sand und kommen sandgestrahlt zwei Stunden später wieder am Auto an. Zurück ins Häuschen, Tee und Kaffee gekocht – der Rest des Tages gehört der Literatur.
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Dienstag, 20.07.2010: Rundflug
Der Himmel zeigt sich bedeckt, aber es ist recht warm und vergleichsweise windstill. Wir brechen nach dem Frühstück zu einem kleinen Autorundflug durch die Gegend auf.
Erster Anlaufpunkt ist die einzige Hornschnitzerei Dänemarks in Bøvlingbjerg, wo aus (mittlerweile afrikanischen) Kuhhörnern Bestecke, Schmuck und andere Gegenstände gefertigt werden. Die Werkstatt selber ist recht unspektakulär – ein Däne unter Kopfhörern sägt Dinge aus Hörnern, mehr passiert nicht. Und es ist recht erstaunlich, dass es die Dänen durch ein teuer aussehendes Prospekt mal wieder geschafft haben, den leichtgläubigen Touristen glauben zu machen, es gäbe etwas Spektakuläres und nie Dagewesenes zu sehen. Respekt! Der angeschlossene Laden gibt mehr her, und wir jagen ein paar Souvenirs. Da eine Viertelstunde reicht, um alles gesehen haben zu haben, setzen wir uns wieder ins Auto.
Weiter gehts zur Skærum Mølle, einem als historisches Denkmal in der Karte eingezeichneten Punkt. Der erweist sich als vor langer Zeit abgebrannte Mühle, auf deren Gelände die dänische Volkshochschule heute ein Observatorium und ein paar Nebengebäude betreibt – allerdings nicht dienstags, da ist alles geschlossen. Gut, abgehakt.
In Ulfborg soll eine nette Kirche stehen. Wir fahren nach Ulfborg und stellen fest, dass die Kirche nicht im Ort, sondern davor platziert ist. Also fahren wir wieder zurück und finden ein tatsächlich sehr schön eingerichtetes Gotteshaus.
Letzter Posten auf der Liste der möglichen Unternehmungen heute ist eine Erkundungstour zum Bovbjerg Fyr, einem 30 m hohen Leuchtturm, den wir auf der anderen Seite des Ferring Sø von unserem Häuschen aus jeden Tag herumstehen und jede Nacht leuchten sehen. Erstaunlicherweise finden wir das Türmchen sofort und ohne uns zu verfahren! Kurz auf den Turm gehechtet und wieder herunter, noch einen kleinen Rundgang durch die vor dem Turm liegende Steilküstenlandschaft nebst integrierten alten Bunkeranlagen, dann ist auch dieser Teil des Tages abgehakt.
Zum Abschluss der Tour stellen wir fest, dass uns die lokalen Geldautomaten mit keiner von Frau R.'s Karten Bargeld herausgeben wollen. Angeblich würde mein Kartenaussteller die Auszahlung verweigern. Das wird dann morgen echt spannend …
Nach dem Abendbrot ziehts uns spontan noch einmal an den Strand, wo wir auf die Suche nach unseren traditionellen Hühnergöttern gehen und diese auch finden. Der heizfrosch steckt zum ersten Mal die Füße ins Wasser und stellt fest, dass dieses – im Gegensatz zum letzten Jahr – erfreulich gut temperiert ist. Wir schnudeln bis zum nächsten Strandaufgang, von dort über die Düne zum Ferring Sø und an dessen Ufer hernach zurück zum Haus. Der Rest des Abends gehört einem leckeren 2008er Schwarzriesling, Erdnüssen und den Büchern.
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Mittwoch, 21.07.2010: Hangaards Have
Der Wetterbericht für heute ist außergewöhnlich gut, und so beschließen wir eine Tour ins besonders Grüne. Ca. 90 Minuten vom Haus gibt es in der Nähe von Ejstrup bei Skjern eine Art Landschaftsgarten, liebevoll angelegt mit einem Labyrinth und vielen kleinen Eckchen mit Bänken und Tischen zum Ausruhen. Frau R. findet zielsicher den Weg zum Zentrum des Irrgartens (und sogar wieder heraus); danach verfallen wir in unseren jeweils eigenen Rhythmus. Das bedeutet: Ich schnalle mir das Makro an die Kamera und hoppele quer durch den Garten über die Grünflächen, Frau R. packt derweil die Liegematte aus und rüsselt erstmal weg, kommt hernach aber wieder von selber zu sich und lässt sich bräunen. Also von bräunen kann keine Rede sein. Ich bin nur zufällig draußen und die Sonne scheint auch nur zufällig. Zum Schutze habe ich mich dick mit Sonnencreme LSF 30 eingecremt. Und ich habe mich nur gemütlich dem Tagebuchschreiben hingegeben. Ph, als ob ich jemals meine vornehme Blässe aufgeben würde! Am Ende des Rundgangs erwartet uns eine weiße Miez! Diese wird selbstverständlich portraitiert, auch wenn sie sich nur begrenzt kooperativ zeigt; später stellen wir fest, dass diese Miez sogar auf dem Werbeprospekt für die Anlage zu finden ist. Also alles richtig gemacht!
Nach ca. zwei Stunden treten wir den Heimweg an und starten das Projekt "Tanken und Geldauftreiben mit irgendeiner Kreditkarte". Beides gelingt zufriedenstellend – EC-Karten will in Westjütland, im Gegensatz zur Ostküste, kein Geldautomat; aber mit einer VISA-Karte kommen wir schlussendlich an Bargeld und Sprit gibt's dann doch mit der EC-Karte, und somit steht einer Fortsetzung des Urlaubs eigentlich nichts mehr im Weg.
Der Bordcomputer unseres PKW versteigt sich übrigens zu immer absurderen Schätzungen, was die mögliche Gesamtfahrstrecke mit einer Tankfüllung angeht: Mittlerweile liegt seine Prognose bei ~1050 km, was – bei aller theoretischen Freude darüber und selbst mit größter Würdigung des dänischen Fahrstils – dann doch jenseits alles realistischen liegt.
Um seinen Optimismus ein wenig zu drosseln, setzt der heizfrosch sich gegen 21.30 Uhr nochmal in Bewegung und rollt durch die abendliche Landschaft zum Bovbjerg Fyr, dem Leuchtturm auf der anderen Seite des Sees. Dort gibts eine kleine Langzeitbelichtungssession mit Riesenlampe, schweizer Beobachtern und einem russischen Party-Toyota. Gegen 23.30 Uhr rollt der heizfrosch endgültig nach Hause und fällt über Frau R.'s zierliche Füße ins ziemlich schmale Bett.
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Donnerstag, 22.07.2010: Thyborøn
Heute hat der heizfrosch Ausgang und bekommt die Autoschlüssel für eine Solotour. Er rollt nochmal zu den Bunkern in Thyborøn und verbringt dort drei Stunden mit sich und jeder Menge Beton. Vor den imposantesten und optisch lohnenswertesten Bauwerken liegen leider auch die größten Urlauberhaufen im Strandsand; aber immerhin ist das ja auch deren gutes Recht, und so picke ich mir eben ein paar andere Stahlbetonmonster heraus – die halten genau so still wie die am meisten belagerten.
Thyborøn wurde von den Deutschen im zweiten Weltkrieg zu einer Bunkerfestung im Rahmen des Atlantikwalls ausgebaut. Um die 50-60 Bunkerbauten wurden mit unheimlichem Aufwand in die Dünen gekippt – völlig sinnlos, denn Dänemark war zu keiner Zeit potentielles oder echtes Landungsziel der Aliierten. Und so stehen die Bunker heute noch in der Gegend herum, rollen gen Wasser, werden unterspült, versinken im Sand, sehen hässlich aus und wären nur sehr aufwändig rückzubauen. (*singt* "Ich sitz' in meinem Bunker mitten in Berlin. Ich habe Blausäurekapseln und genügend Benzin. … Der ganze Weltkrieg macht mir keinen Spaß mehr. Mir bleibt noch Blondie und 'ne Flasche Chantré. Adolf, Du alte Nazisau, kapitulier doch endlich!") Es scheint, als ob sich der Rest von Thyborøn der Ästhetik der Bunkeranlagen angeglichen bzw. ergeben hätte – das Nest hat außer dem "Sneglehuset" wirklich keine nennenswert schönen Ecken, sondern ist mit "pure Tristesse" ziemlich gut umschrieben.
Gegen 15 Uhr verlassen mich Sonne, Licht und Lust, und ich rolle zum Kaffeetrinken nach Hause. Abends, nach einem kleinen Nieselschauer, brechen wir nochmals zu einem kleinen Strandspaziergang auf, und Frau R. versüßt sich den Urlaub mit dem Fund eines versteinerten Seeigels.
Ich habe den Tag mit Lesen auf der Terrasse verbracht. Herrlich! Nur ich und 1000 Seiten Buch. Im Haus nebenan wurde geschnarcht. Grotesk aber durchaus friedlich in meiner Wahrnehmung. Leider kam ich nicht umhin, den fetten Proll mit seinen Söhnen beim Wurfscheibe spielen zuzusehen. (Ab und zu muss man seine Augen auch mal über die Landschaft schleifen lassen …) Die Söhne waren höflich zum Vater und haben immer so geworfen, dass er sich kaum bewegen musste. Und wenn man ganz ruhig mehrere Stunden still auf der Terrasse sitzt, dann meinen die Vögel, man gehöre zum Inventar. Plötzlich kommen Schnepper, Star, Spatz und Lerche und machen es sich im Sandkasten und auf der Wiese gemütlich. Ach, wenn sie wüssten, wie sehr ich den Miezen zugetan bin ;-)
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Freitag, 23.07.2010: Rundflug über Mors
Es tut uns wahnsinnig leid, das sagen zu müssen, aber: Das Wetter hier ist besser als in Deutschland. Wenn es Euch zu warm ist, dann ist es hier angenehm. Wenn es bei Euch wie aus Kannen gießt, dann scheint hier die Sonne. Ok, es ist manchmal ein bisschen windig, und Wolken sehen wir auch gelegentlich – aber bis auf den ganz kurzen Nieselschauer gestern Nachmittag ist der Rest des Wetters auch für diesen Urlaub vorerst eine Erfolgsgeschichte.
Und da für heute eine hell lachende Sonne über West- und Nordjütland angekündigt ist, beschließen wir eine Tour in Richtung Nissum Fjord. In diesem liegen mehrere Inseln; die größte davon heißt Mors und ist unser Ziel.
Der Tag bringt übrigens eine Quasi-Premiere: Frau R. hört den auf 8 Uhr gestellten Wecker nicht! Das hat Seltenheitswert und sei deshalb hier vermerkt. Ich sag doch: Dieser Urlaub ist sehr merkwürdig!
In Westjütland ist alles ein wenig kleiner: die Städte, die Dörfer, die Supermärkte, die Straßen. Man kann hier tatsächlich in 20 Minuten durch Paris und Rom fahren – beides sind kleine Nester an der Landstraße, ein paar Häuser im Nichts; keine Ahnung, warum die Leute immer so ein Gewese darum machen. :) Eine Autobahn gibts in der Gegend weit und breit nicht, und so gestaltet sich die Reise dänisch-besinnlich. Unser Navi geht hier im Gebiet von 60 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit über Land aus – gut, so langsam sind wir nicht, aber viel mehr als 70 werden es auch nicht; und so brauchen wir reichlich 1,5 Stunden bis Nykøbing/Mors. Das ist die größte Stadt auf der Insel, und dort gibts (tattaaa!) natürlich auch eine Touriinfo, die nach Informationen abgegrast werden soll. Bzw. einen Angestellten, welcher vom heizfrosch verbal abgegrast wird, weil wir zu faul zum Suchen sind. Dieser nette Angestellte empfiehlt uns eine paar landschaftlich schön gelegene Fleckchen, und wir folgen seinen Empfehlungen nach einem kurzen Gang durch die Innenstadt. Diese ist ganz nett und von allerlei Clubs und Kneipen durchzogen. Im Park des Dueholm Kloster fotografiert Frau R. erst eine Spinne (die sich aber gar nicht fotografieren lassen will; erst droht sie mit den Vorderbeinen und versteckt sich dann unter Blattwerk) und später noch eine nette Miez. Aber nach einer knappen Stunde haben wir dann auch genug gesehen.
Erster Halt des anschließenden Rundflugs ist der höchste Punkt auf Mors (und eigentlich auch der höchste Punkt auf unserer Reise, wenn ich schätzen müsste) – von der 89 m über dem Meeresspiegel gelegenen Salgjer høj aus soll man einen fantastischen Rundblick über die Insel haben. Hat man übrigens auch. :) Noch besser ist allerdings ein halsbrecherischer Weg zum Strand herunter. Ist die Wasserkante aber erstmal erreicht, dann schnudelt es sich dort sehr angenehm, vorbei an Kalkfelsen, die voller Versteinerungen sein sollen. Wir finden keine einzige, dafür aber Muscheln und Schnecken jüngeren Datums, und wir haben eine tolle Zeit. Das doofe ist nur, dass wir den Hang, den wir vorhin heruntergerutscht sind, jetzt wieder hochklettern müssen … Aber auch das gelingt; für die ganz Verzweifelten hängen vereinzelt Seile in der Gegend. Zum Hangeln!
Danach gehts nach Ejerslev. Dort befindet sich ein ehemals natürlicher Hafen, der aber im Laufe der Jahre versandet ist und dabei eine wunderschöne Naturlandschaft hervorgebracht hat.Wir umkreisen den mittlerweile zum Binnensee umgewandelten Meerarm (Frau R. hat getestet: es ist tatsächlich Süßwasser!) und suchen immer noch mit einem Auge nach Versteinerungen. Allerdings umsonst …
Gegen 16.30 Uhr treten wir die Heimfahrt an, fangen schnell noch Brötchen und Kuchen fürs Wochenende sowie einen Cheeseburger für den Fleischfresser unter uns. Hernach gehts an den Rechner und später auf die Terrasse, wo wir einen herrlichen Sonnenuntergang, Flens, Salzbrezeln und unsere Bücher genießen.
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Samstag, 24.07.2010: Rundflug durchs Nahgelände
Da es gestern zeitig raus, weit übers Land und erst spät ins Bett ging, machen wir es heute umgekehrt. Aufgestanden wird nach Laune, und nach einem ausgiebigen Frühstück soll es dann nur eine kurze Tour überland werden.
Wir rollen zuerst nochmal nach Bøvlingbjerg, wo sich neben der Hornschnitzerei am anderen Ende des Ortes noch eine Glasmanufaktur versteckt. Dort decken wir uns mit ein paar herzallerliebsten Souvenirs (und Schmuck) ein und spazieren noch eine Weile durch den weitläufigen Garten. Die Dänen sind wirklich unglaublich: Sie betreiben einen Familienbetrieb, dem man ansieht, dass es hier mehr um Qualität als um Quantität geht. Sie sind freundlich und unterhalten sich auf Englisch, auch wenn sie es nicht perfekt beherrschen. (Das müsste einem mal in einem stinknormalen Laden in Deutschland passieren. Oder gar in einem öffentlichen Verkehrsmittel. Nicht auszudenken, wie gut das auf die Touristen aus aller Welt wirken würde …) Und dann laden sie einen noch ein, sich auf ihrem weitläufigen Grundstück umzusehen und evtl. etwas vom mitgebrachten Proviant zu verzehren. Der misstrauische Deutsche hätte doch sofort seinen Garten mit einer unüberwindlichen Mauer versehen.
Anschließend gehts nach Thorsminde, einem kleinen Ort auf der schmalen Landverbindung zwischen der Nordsee und dem Limfjord. Der Plan ist, erst eine Weile den Strand zu verunsichern und dann noch ein bisschen das Nest zu erkunden. Zu letzterem kommt es aber nicht mehr, weil ich bei einem komplizierten Foto (auf allen Vieren in der Brandung, Kamera und heizfrosch keine 30 cm über dem Wasserspiegel, einen Stein im Visier und auf die richtige Welle wartend) offenbar dänisches Erd- oder irgend ein anderes Öl (nicht Øl!) entdecke bzw. etwas davon den Weg an meinen Unterarm findet, von wo es sich weder mit Wasser noch mit Sand abscheuern, dafür aber großflächig über Unterarm und Hände verteilen lässt. Zu allem Überfluss kommt beim Reinigungsversuch dann noch eine Monsterwelle, und ich stehe bis über die Knie mit Schuhen, Socken und Hose im Wasser. Vielen Dank! Doch soll es hier nicht unerwähnt bleiben, dass sich der körperliche Einsatz gelohnt hat: Der furchtlose Fotograf – Recke des digitalen Aufnahmegeräts – hat ein Foto geschossen, das kein Zweiter so zustande gebracht hätte.
Deshalb verzichten wir auf den zweiten Teil der Thorsminde-Tour und fahren, nachdem die Socken gleich am Strand entsorgt und die Gliedmaßen (also Hände und Arme!) in einer öffentlichen Toilette grundgereinigt worden sind, sofort zurück nach Hause. Was übrigens die Stimmung keinesfalls dämpft, weil ich endlich mal in Dänemark Beifahrer sein darf und voller Energie den Part übernehme, den Frau R. sonst so hingebungsvoll ausfüllt – für Fahrerunterhaltung sorgen, in die Kurven legen etc. Er übt noch, hat aber durchaus Potential ;-)
Im Häuschen schlachten wir einen gestern gekauften fettigen, süßen dänischen Kuchen – "one small bite fills the stomach of a grown man", sage ich da nur; und wir hatten jeder zwei Stück davon …
Abends gibts noch eine Folge "Inspector Barnaby", dann gehts relativ zeitig ins Bett, weil wir früh wieder raus wollen.
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Sonntag, 25.07.2010: Viborg & Mønsted Kalkgruber
Zum zweiten Mal klingelt in diesem Urlaub der Wecker, zum zweiten Mal muss der heizfrosch den Signalton löschen. Frau R. pennt erneut weiter … Ich hab Urlaub, ich darf das!
Heute soll es nach Viborg und in die Kalkgruben von Mønsted gehen. Die tatsächliche Reihenfolge legen wir erst im Auto fest, da das Wetter eine etwas unsichere Komponente ist.
Apropos Wetter: Wie wir instinktiv schon vermutet und weshalb wir somit auch richtig gehandelt hatten – die Gegend zwischen dem Limfjord im Süden und dem Nissum Fjord im Norden ist ein Schönwettergebiet. Selbst wenn es ringsherum regnet, bleibts hier meistens trocken. Das hat uns gestern auch nochmal die nette Glaskünstlerin in der Galerie bestätigt.
In der Gegend vor und um Viborg herum gibt es jedenfalls Wolken, aber es regnet nicht. Also beschließen wir, die Tour durch Viborg und den Besuch des dortigen Doms als erstes auf Tagesprogramm zu setzen. Wir schnudeln eine Weile durch die nette, historische Innenstadt – tolle Gässchen, herrliche Hinterhöfe, alte Häuser, Geschichte weht durch die Straßen. Der mittelalterliche Charakter der Innenstadt wurde weitestgehend bewahrt. Es gibt eine Stiftung, die die Restaurierung und den Erhalt der Häuser ermöglicht. Nur manchmal fragt man sich, ob man wirklich drin wohnen möchte. Der Dom selber ist mehrfach umgebaut und dem jeweiligen Geschmack der Zeit angepasst worden; er befindet sich nach einer fast vollständigen Renovierung zwischen 1864–1876 heute in einem ausgezeichneten Zustand. Die Kirche wurde damals vollständig rückgebaut und wieder im romanischen Stil neu errichtet. (Der abgetragene Steinbau wurde im Barockstil erbaut.) Wirklich beeindruckend sind die Fresken, die von dem in Dänemark bekannten Künstler Joakim Skovgaard 1900 bis 1906 erschaffen wurden. So stelle ich mir eine Kirche von innen vor! Und in 100 Jahren wird man wohl noch darüber staunen.
Nachdem wir schon etwas länger als erlaubt Parkraum okkupieren, setzen wir uns in Bewegung und rollen zu den 20 Minuten von Viborg entfernten Kalkgruben bei Mønsted. Diese wurden früher von den Bauern der Gegend gemeinsam betrieben, später an einen Großindustriellen verkauft, sind heute eine touristisch gern genutzte Sehenswürdigkeit und bieten außerdem für mehrere Monate im Jahr zehntausenden Fledermäusen einen Unterschlupf – allerdings nicht im Juli, sondern erst wieder ab August. Wir müssen uns deshalb – nach einem ausgiebigen Rundgang durch die Stollenanlagen – mit dem kleinen Fledermausmuseum begnügen. Übrigens reift in einem Teilstollen der Kalkgrubenanlage heute der Arla-Höhlenkäse; wir haben den Raum besucht, und der ammoniakbedingte olfaktorische Reiz lag nahe an unser beider Schmerzgrenze … Die Stollengänge sind wirklich sehr beeindruckend. Und es zeugt wieder für das Vertrauen der Dänen in ihre Gäste, dass es nirgendwo Absperrungen oder Durchgangsverbote gibt (gut, bis auf das Käselager aus hygienischen Gründen). Man kann überall hin. Und wenn man dabei in einen der flachen Seen stolpert, ist das eben Pech. Für Blagen ideal. Wenn sie nur nicht so kreischen würden … Zum Erschrecken bin ich heute nicht in der Stimmung.
Was zu erwähnen bleibt, sind a) die leckeren Marmeladenteilchen mit bunten Streuseln, die wir uns auf dem Weg zum Auto kaufen und einwerfen sowie b) die Tatsache, dass es beim Verlassen des Bergwerks tatsächlich anfängt zu regnen. Logistisch haben wir also einmal mehr alles richtig gemacht! Und mit diesem Hochgefühl rollen wir nach Hause, wo uns ein klarer, wolkenloser, sonniger Himmel erwartet. Mit Buch wird das wieder einmal ein toller Abend auf der Terrasse!
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Montag, 26.07.2010: Spøttrup
Da der Wetterbericht für heute noch einmal stabilen Sonnenschein vorhersagt, es ab morgen jedoch etwas kühler und regnerischer werden soll, starten wir nach erneutem zeitigen Weckerklingeln (ihr dürft raten, ob Frau R. diesmal wach geworden ist …) nach Spøttrup, dem Ort mit der am besten erhaltenen dänischen Burg. Wenn man als Deutscher "Burg" hört, dann nimmt man an, dass es sich um ein atemberaubendes Gemäuer mit Türmen, Zinnen und Wehranlagen handelt (Stolpen oder Königstein eben). Diese mittelalterliche Burg in Dänemark ist um ein Vielfaches kleiner und wirkt eher wie ein Gutshof mit Wassergraben. Die Burg Spøttrup war allerdings nie eine Ritterburg. Sie war ursprünglich Bischofssitz und später von Edelleuten bewohnt, die sich entweder der Jagd oder der Landwirtschaft widmeten. Der letzte – neuzeitliche – Besitzer hat das Bauwerk aus rotem Ziegelstein mit viel Hingabe restaurieren lassen. Man kann die Keller mit den herrlichen Kreuzgewölben besichtigen (Küche, Lager, Gesinderaum und Gefängnis); die verschiedenen Wohn- und Gesellschaftsräume bis hin zum Dachboden (der Aufenthaltsraum für die Soldaten); und in jedem Raum ist sogar noch die Toilette vorhanden – im Mittelalter "Geheimnis" genannt. Dort erwarten uns neben der stetig hauchenden Geschichte in dieser Woche noch ein Ritterlager mit Händlern, Ritterspielen und dem ganzen Drum und Dran. Ebenfalls anwesend sind so ziemlich alle deutschen Touristen sowie ungefähr drei Viertel der schulpflichtigen dänischen Kinderschaft nebst Ommas, Oppas, Mammas, Pappas und Haustieren. Macht aber nüscht – irgendwie passen alle in die Burg und das umliegende Gelände. Und die dänische Luftwaffe hat zur Feier des Tages Tiefflugübungen mit ihren Düsenjets gemacht. Schon seltsam, wenn das Flugzeug schon weg ist und das Geräusch kommt erst einen Tick später …
Da ich bei einem Blick nach draußen über dem Burggraben Libellen schweben sah, will ich die bei einem Rundgang auf dem Wall um die Burg fotografieren. Die Flugkünstler sind allerdings viel zu schnell und lassen sich immer ausgerechnet dort nieder, wie man sie mit dem Makro nur schwer erreicht. Mir gelingen dann doch noch ein paar passable Fotos. Und etliche Fliegen mit bunten Flügeln und smaragdgrünen Augen haben es sich mittlerweile auf meinem Hut bequem gemacht. Nur Mutter Natur weiß, warum …
Nach dem ausgiebigen Burgrundgang sichern wir uns beste Plätze an der Kampfbahn. Die dänische Luftwaffe übt derweil immer noch im Duett Tiefflüge im Überschallbereich. Vielen Dank an die Bundeswehr, dass uns solcher Lärm im eigenen Land erspart bleibt! Ich sehe mal wieder nicht gefährlich genug aus, denn ein dänisches Kleinkind von ca. 1 Jahr schleicht sich an mich heran und giert nach einem meiner Kekse. Soll es! Ich gebe ihm einen ab (wie ich bereits sagte, dieser Urlaub ist sehr merkwürdig) und die Mutter entschuldigt sich überschwenglich. Zwei Ritter hauen hernach auf Obst und einander ein; einer davon kommt uns verdächtig wie Ritter Svane aus Nykøbing/Falster 2003 vor (siehe dazu hier, etwas weiter unten in den Bildern), nennt sich dieses Jahr allerdings anders. Aber ertappt, er ist es wirklich – nach 7 Jahren noch im Sattel … Und wie damals gewinnt er das Turnier und wir saßen auch wie damals auf der Seite des unterlegenen Ritters. Allerdings erklärt der Herold das Turnier für untentschieden, weil der herausgeforderte Ritter wohl der Lehnsherr ist. Irgendwie wie in der Formel 1 …
Zum Abschluss plündert Frau R. noch den Stand eines Goldschmieds, danach reiten wir nach Hause. Es zeigte sich mal wieder, dass der Däne an sich eher filigran ist. Ich habe noch nie eine so große Auswahl an Silberringen gesehen, die an meinen kleinen Finger passen! Da ist es nur natürlich, dass ich mir eine Auswahl an Ringen zusammengestellt habe, die mit Sicherheit niemand in Deutschland hat. Denn der Meister stellt nur selbst in der Werkstatt her. Zum Dank gab's noch 10 Kronen Rabatt. Ein weiterer toller Tag mit Traumwetter, das uns eh keiner glauben wird. Und im Fernsehen kommt spätabends noch "Star Trek: Insurrection" in Englisch und HD. Perfekt!
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Dienstag, 27.07.2010: Rundflug
Der Wetterbericht sagt für heute Nachmittag zwar stärkere Bewölkung voraus, lügt aber – in Wirklichkeit bleibt es bis in den Abend hinein sonnig, erst dann zieht sich der Himmel zu.
Der heizfrosch nutzt den Tag für eine Auto-Foto-Tour überland, kreuz und quer, ziel- und zeitlos. Insgesamt packt er in 6 Stunden um die 100 km auf den Tacho und macht halt an diversen interessanten oder wenigstens interessant wirkenden Punkten.
Los gehts am Råbjerg, dem höchsten Hubbel in der näheren Umgebung mit einem Panoramafoto. Dann treibts mich in Richtung Klinkby (Windräder) und Gjeller Odde (deutsche Bunker auf einem Hügel).
Zurück gehts nach Rom (ja!), dort in der Nähe steht im Wald ein deutscher Hospitalbunker, den ich mir näher ansehen will. Vor mir verlässt gerade ein Pärchen das Bauwerk, und außer mir ist niemand mehr da; ich klettere deshalb in aller Ruhe ein wenig durch die Räume bis in den Keller – wo nach einer Weile einfach das Licht ausgeht. Zappenduster ist's im Bunker! Wow, denke ich und tappe blind mit Kameratasche, Kamera und Stativ in diversen Händen in Richtung der Leiter, durch deren Schacht ein schwaches Leuchten den Weg zurück nach oben weist. Wieder im Tageslicht angekommen, will ich rasend gern den Menschen zusammenstauchen, welcher den Lichtschalter betätigt hat; aber wie ich erstaunt feststellen muss, ist da niemand – irgendein findiger dänischer Elektroinstallateur hat das Licht im Museum einfach mit einer Zeitschaltuhr gekoppelt, welche noch vom Pärchen vor mir aktiv war …
Auf dem Rückweg ärgere ich einen schwarzen Käfer, bis er es satt hat. Danach cruise ich über Landstraßen und Traktorwege in Richtung Lomborg und fotografiere noch ein bisschen Landschaft, bevor es mich zum Abschluss der Tour erneut zum Bovbjerg Fyr zieht. Das Licht ist klasse, und so werden noch ein paar anständige Aufnahmen draus.
Übrigens habe ich, dem Wetterbericht vertrauend und alle Vernunft in den Wind schlagend, heute auf das Sonnenschutzspray verzichtet. Ich bin gespannt, ob sich das im Nachhinein nicht doch rächt oder ob ich mittlerweile ausreichend vorgebräunt bin …
Gegen 18:45 Uhr gehts endgültig ab nach Hause, denn ich habe Hunger und muss noch Wasser kaufen gehen. Frau R. hat sichs tagsüber auf der Veranda gemütlich gemacht und sich um unsere neuen Haustiere gekümmert. Aber das kann sie selber erzählen.
Ja, es war ein sonniger und windiger Tag. Der heizfrosch außer Haus. Was gab es also Besseres, als sich mit einem Buch auf den Liegestuhl auf die Terrasse zu verziehen? Da ich beim Lesen nicht dazu neige, mich hektisch zu bewegen oder plötzlich schreiend aufzuspringen, sondern ganz ruhig sitzen bleibe, war ich heute ornithologisch sehr beliebt. Sogar der Schnepper ging auf Erkundungstour bis zur Terrassentür. Die Sperlinge stürzten sich natürlich wieder auf die ausgestreuten Krumen. Sie halten mich ohnehin für harmlos und hüpften ganz nahe an mir vorbei. Ich konnt sie sogar fotografieren. Am Nachmittag suchte ein Schar Stare die Wiese nach Nahrung ab. Ja, so vergeht die Zeit wie im Fluge und man fühlt sich ganz ausgeglichen, wenn man derart von der Natur integriert wird.
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Mittwoch, 28.07.2010: Ruhetag
Der erste Sommerurlaubstag in diesem Jahr mit richtigem Mistwetter – es regnet wie vorhergesagt schon seit der Nacht in Strömen, und ich kann vor dem Frühstück endlich mal das Auto ins Freie stellen, um die mittlerweile gut gewachsene Staubschicht herunterspülen zu lassen.
Ansonsten tun wir heute das, was man an einem solchen Tag tun sollte: nüscht, lesen, Bildchen sortieren, Tagebuch schreiben und nochmal nüscht. Später droht noch ein Einkauf, aber das solls für heute auch gewesen sein. Meine gefiederten Freunde – die Sperlinge – wurden auch heute mit Krumen versorgt. Allerdings unter dem schützenden Terrassendach. Sie scheinen mich schon zu kennen, denn sobald ich die Krümel ausgestreut habe, ist einer von ihnen da. Ich darf sogar nahe dabei sitzen und die putzigen Flatterer (einer macht immer einen langen Hals und versucht, ins Wohnzimmer zu schauen) fotografieren. Nur den heizfrosch finden sie unheimlich: Sobald er sich vor der Fensterscheibe mit Fotoapparat auf die Lauer legt, fliegen sie weg und kommen nicht wieder. Dafür sind Pferde seine Froinde. ;-)
Es ist noch zu erwähnen, dass ich gestern von einem Sonnenbrand verschont geblieben bin …
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Donnerstag, 29.07.2010: Thyborøn
Das gestrige Wetter hat heute noch Nachwehen. Zwar regnet es nicht mehr, und gelegentlich bricht sich am Nachmittag sogar die Sonne ein bisschen den Weg frei; aber es stürmt ziemlich heftig.
Wir reisen deshalb nur nocheinmal nach Thyborøn, um uns das dortige "Kystcentret" sowie das "Jyllands Akvariet" zu besuchen, zwei Museen bzw. Ausstellungen, die sich mit der jütländischen Küstengeographie und -biologie beschäftigen. Zum Schnäpchenpreis von 119 Kronen pro Person (~15 EUR) gibts das Kombiticket für beide, ca. 100 m auseinanderliegende Häuser, und dieses Kombiticket wäre sogar 7 Tage lang gültig.
Wir starten im "Kystcentret" einem modernen Glaswürfel gleich hinter der Düne. Interaktiv und unterhaltsam wie viele dänische Museen, befriedigt es unseren Wissens- und auch Spieltrieb – man kann Dinge bauen, umbauen, Filme sehen, Knöpfe drücken, Wellen machen; wem das nicht reicht, der kann in der Spiel- und Bastelecke auch noch Steinmännchen zusammenkleben und anderes. Das ganze "Kystcentret" ist komplett auf dänische, deutsche und englischsprachige Besucher eingerichtet und macht auch deshalb viel Spaß – selbst bzw. gerade wenn die eine oder andere Übersetzung unfreiwillig lustig ausfällt. Und ich konnte per Wellenerzeugung mehr Strom produzieren als der heizfrosch! Ein Abschnitt des Museums ist der 1868 vor Thyborøns Küste gesunkenen "Alexander Nevskij" gewidmet und zeigt allerlei Strandgut, welches erst unter vielen Findern verteilt und später mühsam wieder zusammengetragen wurde.
Wir sind nach einer reichlichen Stunde durchs "Kystcentret" durch. Danach marschieren wir zum "Jyllands Akvariet", einer flachen, barackenartigen Einrichtung auf der anderen Seite der Straße. Der erste Hammer kommt sofort nach dem Betreten der Räume: Es stinkt, und zwar heftig und seltsamerweise nach Seife. Das Licht ist dämmrig, zwölf Millionen Kinder wuseln herum. Hauptattraktion sind ein paar Streichelbecken, in denen man Katzenhaien oder kleinen Rochen den Schock ihres Lebens verpassen kann. Etliche Tiere sehen darüber auch ziemlich unglücklich aus, und wir fühlen uns insgesamt reichlich seltsam in diesem eher bizarren Etablissement. Dazu kommt, dass man Kindern nicht unbedingt klarmachen kann, dass die Hände in einige der Becken hineingehalten werde dürfen, in andere aber nicht. Und wenn Erwachsene/Erziehungsberechtigte zu blöd sind, Piktogramme zu lesen, sich deshalb in jedem Wasserbehälter austoben und erst von ihren Kindern darauf hingewiesen werden müssen, was das "Durchgestrichene Hand"-Schild über einem Bassin bedeuten könnte – dann wirds endgültig grenzwertig. Und ich möchte betonen, dass sich deutsche Familien derartig daneben benommen haben. So kann man seinen Kindern natürlich nicht den Respekt vor Lebewesen beibringen. Besonders das Streichelbecken mit den Krabben empfand ich als höchst befremdlich. Wie würde sich denn der Tourist an sich fühlen, wenn er aus seiner Ferienanlage nicht heraus könnte und dann noch ständig aus seinem Liegestuhl gehoben wird? Leider waren die Krabben zu klein, als dass sie mit ihren Scheren wirklich schmerzhaft zukneifen konnten.
Irgendwie finden wir das alles weniger lustig und verlassen nach einem kurzen Gang durch die angeschlossene Bernsteinsammlung der lokalen Berühmtheit Rav-Aage ("Bernstein-Aage") und den obligatorischen Tant-und-Tinneff-Shop das Akvariet. Mein Favorit waren die äußerst kitschigen Glitzerkugeln (Delphin, Nixe mit Delphin, Möwe). Und bei den Tieren, die aus Tierhaar hergestellt waren, stieß ich wilde Verwünschungen aus: Mögen den Herstellern und Käufern schlimme Dinge am Hintern wachsen!
Die nachfolgende Runde zum Strand gestaltet sich ob des Sturms etwas mühselig. Wir kreuzen gegen schweren Wind, bekommen ein Sandpeeling und verlieren wegen des Versalzens unserer Brillen zunehmend das Sehvermögen. Deshalb belassen wir es bei einer reichlichen halben Stunde am Ufer und rollen hernach gen Häuschen.
Der heizfrosch fängt sich später noch einen Abendbrotbroiler, Frau R. kaut eine nicht so schmackhafte Brokkolisuppe, die Sperlinge bekommen ihre Krumen, und den Rest des Abends verbringen wir wieder mit Lesen.
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Freitag, 30.07.2010: Letzter Tag
Dänemark will uns los werden! Anders ist die aktuelle Wetterlage auf der Terrasse (und in der ganzen Gegend) nicht zu verstehen … Der Wetterbericht meint zwar, dass es heute später von Westen her aufklaren soll – aber wie wir gegen Abend feststellen, ist das wohl eine uns fremde Auslegung der Begriffe "aufklaren", "Westen" und "heute". Es stürmt den ganzen Tag, und in den besten Momenten regnet es noch dazu ziemlich heftig.
Wir fläzen deshalb auf unserer Lesecouch herum und verbringen die Zeit zwischen den Seiten unserer Buchbestände. Geputzt werden muss nicht, wir brauchen später nur die Koffer zu packen. Deshalb wagen wir nach dem Abendbrot in einer Regenpause doch noch eine Runde zum Strand; aber nach einer reichlichen halben Stunde brechen wir das Projekt ab. Man versteht am Wasser sein eigenes Wort nicht, ständig greifen die Wellen an, und irgendwie bläst es ziemlich steif durch die Ohren. Unsere letzte Chance auf einen Bernsteinfund vergebend, retten wir uns über die Düne zurück ins wind- und wasserdichte Häuschen. Allerdings habe ich im angespülten Tang einen Teil des Panzers von einem Tintenfisch gefunden. Wie wir gestern gelernt haben, hat der Tintenfisch seine Panzerung am Hinterleib unter der Haut und sie besteht aus 2 Teilen. Tja ja, die besten Dinge findet man bei Sturm!
Gegen 22 Uhr verziehen wir uns ins Bett – der Wecker wird uns morgen früh 4 Uhr ziemlich hart in die Realität zurückholen.
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Samstag, 31.07.2010: Abreise
Wir schaffen es extrem pünktlich aus der Koje, werfen uns ein kleines Frühstück ein, packen das Auto voll und sagen unserer Unterkunft kurz vor 6 Uhr lebwohl. Hoffentlich können die Piepsies die Nachmieter animieren, ihnen wenigstens einmal am Tag ein paar Krumen auf die Terrasse zu streuen. Flink noch die Schlüssel abgegeben, dann gehts erst über die Landstraßen Westjütlands und ab Herning bzw. Vejle auf der Autobahn in Richtung Heimat. Das zeitige Aufstehen erspart uns einige Staus, und so kommen wir trotz stellenweise zähen Verkehrs auf meiner "Lieblingsstrecke" (zwischen Dreieck Wittstock/Dosse und Dreieck Havelland) wesentlich schneller durch als bei der Anreise. Um 15.45 Uhr ist das Auto ausgepackt und der Urlaub beinahe zu Ende …
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Fazit
Ein mal wieder rundherum gelungener Urlaub. Wir haben genau das bekommen, was wir wollten: jede Menge Ruhe, Zeit zum Lesen, Zeit zum Quatschen, spannende Tage, genügend Auslauf und Meerluft, Fotos, Bunker und ein durchaus nettes Häuschen. Auf einer Skala von 1 (dooof!) bis 10 (suuuper!) waren die zwei Wochen sicher irgendwo zwischen 9 und 10. Punktabzug gibts eigentlich nur dafür, dass es eben nur zwei Wochen waren ...
Achso, eine Neuerung hat der Urlaub noch gebracht: Nachdem wir auf Dänemarks Straßen in den letzten Jahren schon rüttelnde Seiten-, Kreisverkehrwarn- und Ortsdurchfahrtswarnstreifen kennengelernt hatten, gabs diesmal sogar Strecken mit Mittelstreifenwarnrüttelasphalt. Es ist deshalb in Westjütland eigentlich egal, wie man sein Auto auf der Straße bewegt – kommt man nur wenige Zentimeter von der vorgeschriebenen Ideallinie ab (z.B. zum Überholen), dann rüttelts einen.
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Rechtliches
Andere Urlaubsberichte
Urlaubsberichte per Webseite sind mittlerweile eine liebgewonnene Tradition, deshalb sind im Internet außerdem von uns zu finden:
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